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Untergegangenes Rokoko-Raumkunstwerk erwacht zu musealem Leben: Die Cäcilienkapelle in der Münchner Residenz

1 SchloesserverwaltungDie Bayerische Schlösserverwaltung öffnet in der Residenz München die Tür zu einem lange verlorenen Raumkunstwerk: Ab sofort kann im Bereich der Ostasiensammlung eine museale Nachschöpfung der Cäcilienkapelle aus dem 18. Jahrhundert besichtigt werden. Dieser einst viel gerühmte, aber 1944 zerstörte Sakralraum innerhalb der weitläufigen Wittelsbacher Residenz ist baulich eng mit der kurfürstlichen Sammlung ostasiatischen Porzellans und geschichtlich mit dem religiösen Alltag der bayerischen Herrscher verbunden.

Pracht und Andacht

Ende des 17. Jahrhunderts ließ Kurfürst Max Emanuel (reg. 1679-1726) die kleine Kapelle in unmittelbarer Nachbarschaft seines „Holländischen Kabinetts“ einrichten, einem kostbar ausgestatteten Sammlungsraum innerhalb der kurfürstlichen Wohngemächer, so benannt nach dem hier präsentierten asiatischen Porzellan, das Max Emanuel über die Niederlande bezog. Bezug nehmend auf die große Leidenschaft des kunstbeflissenen Wittelsbachers wurde die Kapelle der Schutzpatronin der Musik, St. Cäcilie geweiht.

Der Heiligen zu Ehren schuf Hofarchitekt Enrico Zuccalli um 1693 hier ein sehr frühes Beispiel der im 18. Jahrhundert dann in ganz Süddeutschland hochgeschätzten Kuppelkirchen über ovalem Grundriss. Die erste Raumausstattung (ab 1704) ging zusammen mit Max Emanuels Wohnräumen bei einem verheerenden Residenzbrand 1729 in großen Teilen zugrunde. Erst unter seinem Enkel, Kurfürst Max III. Joseph (reg. 1745-1777), erfolgte um 1756 eine Neueinrichtung im Rokokostil. Auch diese vom kurfürstlichen Schlafzimmer aus zugängliche Privatkapelle wurde 1944 zerstört und 1966 nur als neutrale Raumschale wiederhergestellt. In den letzten Wochen wurde sie nun erstmals wieder neu gestaltet.

Kurfürstliche Frömmigkeit

Auf historischen Fotografien ist die ehemalige Ausstattung der Kapelle dokumentiert, in der schwere, schwarz-graue Marmorpilaster mit zierlichem, weiß-goldenem Rokokostuck wechselten. Über dem Hauptaltar zeigte ein bewegtes Figurenrelief die Himmelfahrt Mariens, die effektvoll durch ein verborgenes Fenster beleuchtet wurde. Auf der Nordseite befand sich der St. Cäcilie gewidmete Nebenaltar.

Max III. Joseph nutzte die Kapelle als kurfürstliches Privatoratorium. Er umgab sich an dieser Stätte seiner regelmäßigen Andacht mit Gegenständen, die sowohl seiner persönlichen Frömmigkeit als auch der seines Hauses insgesamt Ausdruck verliehen. Die intime räumliche Nähe zur unmittelbaren Lebenswelt des Herrschers bestimmte die Ausstattung, die thematisch um die Heilige Sippe und ihr irdisches Abbild, die kurfürstliche Familie, kreiste, wobei dem heiligen Joseph als dem Namenspatron des Kurfürsten besondere Verehrung zuteilwurde.

Daneben mahnten Totenbildnisse seiner prunkvoll aufgebahrten Vorfahren Max III. Joseph, Rang und Macht der Wittelsbacher zu wahren. Sie erinnerten ihn zugleich an die Vergänglichkeit allen irdischen Glanzes und an seine religiöse Pflicht zu Reue und Buße. Ebenfalls fand eine kleinformatige Kopie der wundertätigen Muttergottes vom Münchner Herzogspital ihren Platz in der Kapelle. Das originale Gnadenbild wurde regelmäßig vom tiefgläubigen Max III. Joseph aufgesucht und im Dezember 1777 an sein Sterbebett gebracht.

Museale Neugestaltung

Zusammen mit der gleichfalls vor Kurzem wieder hergestellten und eingerichteten Gebetsnische Max‘ III. Josephs im kurfürstlichen Schlafzimmer dokumentiert die Cäcilienkapelle der Münchner Residenz so anschaulich ein Stück herrschaftlicher Frömmigkeitsgeschichte, wie sie für Bayern im Zeitalter des Rokokos typisch und zugleich prägende Alltagsgeschichte war: Am ursprünglichen Schauplatz ist nun vor einer musealen Inszenierung der verlorenen wandfesten Ausstattung wieder das erhaltene Kapelleninventar auf Altären und Wänden zu bestaunen und ein verlorener Kirchenraum des bayerischen Rokokos neu zu entdecken.

Besucherinnen und Besucher können die Cäcilienkapelle ab sofort in Raum 18 (Ostasiensammlung) und die Gebetsnische Max‘ III. Josephs in Raum 25 (Kurfürstenzimmer) im Residenzmuseum besichtigen. Zweisprachige Texte auf Deutsch und Englisch informieren über Baugeschichte und Ausstattung.

Quelle: www.schloesser.bayern.de